Kerstins Bücherreich

„Der Bücherwurm liest sogar die Bücher, die er rezensiert.“ Gabriel Laub (1928-98)

Rezension: “Ich bin der Herr deiner Angst”

 

Autor:

Stephan M. Rother
Verlag: Rowohlt TB Verlag
ISBN-10:

3499258692

Taschenbuch: 575 Seiten
Persönliche
Wertung:
,5

 

 

Zentrales Thema Angst als Psychospiel

Inhalt:

Die Ermittler Jörg Albrecht und Hannah Friedrichs werden zu einem Tatort im Hamburger Rotlichtviertel beordert. Das Opfer ist ein brutal zugerichteter Kollege, der verdeckt ermittelt hat. Kurz darauf wird die Leiche einer im Mutterschutz befindlichen Kollegin gefunden, die ebenfalls grausame Qualen vor ihrem Tod erlitten hat. Hat es ein Serienmörder auf das PK Königstraße abgesehen? Fieberhaft beginnt die Suche nach der Wahrheit. Unterstützung soll Prof. Dr. Hartmut Möllhaus vom Institut für Rechtspsychologie in Braunschweig bieten. Doch er ist das nächste Opfer. Endlich werden Parallelen zu dem 24 Jahre zurückliegenden „Traumfänger“-Fall deutlich. Doch der Täter befindet sich in Sicherheitsverwahrung und kann unmöglich die aktuellen Morde begangen haben. Um den Fall zu lösen, müssen sich die Ermittler auch ihren eigenen Ängsten stellen.

Meine Meinung:

Nach Ausflügen ins Fantasy-, Mystery- und Kirchen-Thriller-Genre legt Stephan M. Rother nun mit „Ich bin der Herr deiner Angst“ seinen ersten reinen Thriller vor. Das Buch ist mit knapp 600 Seiten nicht gerade dünn, aber es kommt beim Lesen keine Minute Langeweile auf. Durch äußerst brutale Morde, aber auch einem glänzend inszenierten Psychospiel a la Hannibal Lecter vs. Clarice Starling werden verschiedene Geschmacksrichtungen bedient. Wer ein wenig empfindlich ist, könnte sich an der Gewalttätigkeit stören, aber ich habe da relativ wenig Probleme, solange es ein Roman ist.

Hauptkommissar Albrecht entspricht natürlich in vollem Maße dem Klischee des überarbeiteten Ermittlers, der von seiner Frau verlassen wird und reflektiert diese Tatsache für meinen Geschmack etwas zu oft. Von ihm wird in der dritten Person erzählt. Selbst zu Wort kommt dagegen Hannah Friedrichs, was dem Roman durch die verschiedenen Sichtweisen erfrischende Abwechslung beschert. Dabei findet der Autor auch für beide Ermittler eine ganz individuelle Sprache, die die Unterscheidung erleichtert. Etwas sauer ist mir aufgestoßen, dass Albrecht sehr häufig als „Herr und Meister“ bezeichnet wird. Dies deutet auf einen Gotteskomplex, welcher noch nicht mal von ihm selbst ausgeht, der seinen beruflichen Leistungen widerspricht. Beide begehen schwerwiegende Fehler in ihren Handlungen, aber das macht sie auch menschlich.

Der „Traumfänger“ selbst, der sich für einen reinen Wissenschaftler hält, alsbald tief in die Ermittlungen mit einbezogen wird und dies für sein Psychospiel auf geniale Weise auszunutzen weiß, ist natürlich eine perfide, aber auch faszinierende Persönlichkeit. Ich mag solche intelligenten Täter ja und habe mich auf die oft ins philosophische abgleitende Reise gern mitnehmen lassen.

Überhaupt hat der Autor einen sehr schönen, bildhaften Schreibstil sowie einen außerordentlich großen Wortschatz, der das Lesen zu einem Vergnügen macht. Durch geschickt eingebaute Cliffhanger und vage Andeutungen an den Kapitelenden, bleibt die Spannung durchweg auf hohem Niveau.

Wem meine Darstellung Lust auf das Buch gemacht hat, dem würde ich empfehlen, vorab auch noch die Lesung des sehr sympathischen Autors auf Lovelybooks.de anzusehen, denn er verleiht seinen Protagonisten dort eine ganz eigene Stimme und lässt das Geschehen noch unheimlicher wirken.

Mich hat der vorliegende Thriller auf jeden Fall außerordentlich gut unterhalten und ich freue mich bereits auf weitere knifflige Fälle, die das PK Königstraße zu lösen hat.

This entry was posted on Samstag, 28. April 2012 and is filed under "Rother, Stephan M., Thriller/Krimi". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. You can leave a response here, or send a trackback from your own site.

2 Comments

  1. Kerstin sagt:

    Liebe Gabi,
    es gibt geteilte Meinungen zu dem Buch, aber mir hat es wirklich gut gefallen. Das Ende ist geradezu prädistiniert für eine Fortsetzung und ein paar Andeutungen in der Richtung gabs auch schon vom Autor. Ich glaub, er schreibt grad an Band 2. 🙂 Im Übrigen bevorzuge ich es auch, Reihenfolgen einzuhalten und recherchiere deshalb immer ausgiebig vorher.
    LG Kerstin

  2. laberladen sagt:

    Ich hab dieses Buch ja schon länger im Auge und Deine Rezi bestätigt, dass es sich lohnt.
    Besonders freut mich, wenn daraus eine Reihe werden soll, dass ich schon auf Band 1 aufmerksam geworden bin. Sonst steige ich immer erst später ein und muss die ersten Bände „nachlesen“.
    LG Gabi

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